Übersetzungen von Eigennamen

Eigennamen werden manchmal übersetzt und manchmal nicht. Das ist historisch gewachsen und je nach dem, über was für Arten von Namen man redet, mal mehr mal weniger ausgeprägt, aber alles haben Eigennamen gemeinsam: Man sollte sie nicht versuchen, zu übersetzen.
Es ist zwar oft passiert und manche Namen haben sich einfach fest etabliert. Beispiel: München heißt auf einfach Englisch Munich. Auch in diesem Artikel: “The English language” heißt auf deutsch “Die englische Sprache”, also mit “c”. Und das steht auch so im Duden. Aber das ist nicht gut. Aber es ist bei gängigen Sprachen, die ein Wort im Duden gefunden haben, vielleicht noch okay. Das erste mal, als mir das so richtig aufgefallen ist, dass Übersetzungen von Namen Probleme machen, war, als ich im Studium einen Text geschrieben habe, in dem der Name “Hannover” drin vor kam. Da es ein Englisch-sprachiger Text war, habe ich natürlich die korrekte englische Bezeichnung “Hanover” geschrieben. Der Dozent (selbst native English-speaker und langjühriger Einwohner von Hannover meinte dann zu mir, dass da ein “n” fehlt. Nein, tut es nicht, habe ich ihm dann erklärt. Das war eine kleine Uneindeutigkeit, weil die englische und deutsche Bezeichnung für die Stadt einfach sehr ähnlich sind. Aber warum sind sie überhaupt unterschiedlich?! Es macht nur Probleme. Und nicht falsch verstehen, ich rede hier nur von einer Bezeichnung in lateinischen Buchstaben. Dass man Tōkyō statt 東京 schreiben sollte, ist klar. Da geht es dann aber darum, dass man als Europäer die Zeichen sonst nicht lesen kann. Aber warum brauchen wir in Deutschland noch die Variante “Tokio”? Die Stadt hat einen Namen, und bei diesem Namen kann man die Stadt auch nenen, man braucht sich nicht Kunst-Namen ausdenken, um Übersetzungen missverständlich zu machen. Wie gesagt ist es sicherlich meistens einfach historisch gewachsen und ich unterstelle auch niemandem, dass er etwas mit Absicht komplizierter oder fehleranfälliger machen möchte. Aber im Jahr 2025, wo immer mehr international ist und Übersetzer ohnehin für immer mehr Menschen ubiquitär verfügbar sind, braucht man nicht sprachabhängige Bezeichnungen für Eigennamen. Wenn mich jemand fragt, woher ich komme, sage ich daher “Hannover” und nicht “Hanover”. Das ist an vielen Stellen erstmal ungewohnt, aber bei der deutschen Berichterstattung der olympischen Winterspiele 2022 hat man gemerkt, dass man sich eigentlichh dran gewöhnen kann, Běijīng statt Peking zu sagen, weil es die offizielle romanisierte Version des Eigennamens ist. (siehe auch Pinyin)
Natürlich wirkt es dann erstmal inkonsistent, wenn ich “I am a fullstack Software-architect from Hannover in Germany” schreibe, weil man könnte ja analog auch “Deutschland” statt “Germany” schreiben. Da steht für mich dann aber mehr das Verständnis im Vordergrund. Ein englisch sprechener Mensch kennt sicherlich “Germany”, aber vielleicht nicht unbedingt “Deutschland”. Einfach weil Ländernamen in unserer internationalisierten Welt als Übersetzung derart etabliert sind, dass ich bei nicht-deutschen Lesern mehr Vewirrung auslesen würde, wenn ich da “Deutschland” statt “Germany” schreiben würde. Diese Etablierung, diese Bekanntheit der Übersetzungen und dieses schlichte Vorhandensein der Übersetzungen ist bei Länder-Namen gegeben, nicht unbedingt aber bei Städte-Namen. Auch wenn ich selbst mir wünschen würde, dass auch Ländernamen unübersetzte Eigennamen sind, muss man in der Realität einsehen, dass dem nicht so ist. Aber bei Städtenamen und Eigennamen von z. B. Menschen oder Gebäuden sollte man nicht anfangen, diese auch noch zu übersetzen.
Na klar ist es erstmal ungewohnt, Eigennamen zu verwenden. Und je nach Thema ist es mal mehr mal weniger üblich. Ich sehe es aus Entwickler-Sicht: Wenn man anfängt, Namen zu übersetzen, wie lautet denn dann mein Name auf Englisch? Wenn ein Englisch-sprachiger Mensch mein Profil aufruft, soll er ja schließlich den Namen in der von ihm benutzten Sprache korrekt angezeigt bekommen. Aber der ist nunmal in jeder Sprache gleich. Ich stelle mich als “Marius” vor, und zwar egal wo ich auf der Welt bin. Es gibt keinen Grund, das nicht mit allen Eigennamen so zu handhaben. Nun kann man diskutieren, ab wann es ein Eigenname ist. Bei “English” finde ich es tatsächlich schwierig. Aber ich bin auf das Problem gestoßen, als ich eine Website mit der vielen Sprachen übersetzen musste. Also ich habe nicht selbst übersetzt, aber die Übersetzungen eingepflegt und da ist es mir bewusst geworden beim Website-Sprache-Ändern-Button: Wenn die Seite auf Deutsch ist, soll es z. B. die Sprach-Option geben, die Seite auf “Englisch” oder “Spanisch” zu stellen. Und da beginnen die Probleme. Während ein Englisch-sprechender Mensch, der den “English”-Button sucht, den “Englisch”-Button vielleicht noch findet, wird es bei einem Spanier dann schwieriger. Er sucht den “Español”-Button, aber als jemand, der kein Deutsch kann, vielleicht nicht, dass wir seine Sprache hier als “Spanisch” betiteln. Warum sollten wir das auch tun. Den Namen in der jeweiligen Eigensprache anzuzeigen (also in diesem Fall: ein “Español”-Button), ist für den Nutzer ohnehin deutlich einfacher. Und das waren jetzt einfache Beispiele. Die Probleme gehen weiter, wenn weitere Sprachen hinzukommen. Wenn man auch die Sprachnamen immer in der jeweiligen aktuell eingestellten Sprache anzeigen will, dann braucht man ja als Übersetzung eine Matrix von allen Sprachnamen in allen Sprachen, einfach nur um das als Menü-Punkt anzeigen zu können. Wenn jemand die Seite auf Swahili gestellt hat, welchen Text soll der Button haben, mit dem man die Seite auf Fidschianisch stellen kann? Das klingt pedantisch, ist dann aber beim Umsetzen ein echtes Problem. Google-Übersetzer schlägt Fideschian vor. Warum? Naja einfach weil offenbar noch nie jemand Eigennamen von Fidschianisch auf Swahili übersetzt hat. Und das ist ehrlich gesagt auch gut so. Trotzdem braucht man irgendeine Bezeichnung. Und dann kann man so wie Google als Fallback-Sprache Englisch nehmen, wie das eigentlich auch bei allen anderen Texten übrig ist, oder eben gleich den Eigennamen verwenden.
Speziell bei dem Thema mit dem Sprache-Ändern-Button ist es übrigens auch keine Lösung, als visuelle Orientierungshilfe Flaggen-Piktogramme anzuzeigen, weil die Zuordnung von Land und Sprache ist ja nicht eindeutig. Es gibt, viele Sprachen, die in mehreren Ländern gesprochen werden und es gibt auch viele Länder, in denen mehrere Sprachen gesprochen werden. Auch sich nur auf die Amtssprache zu beziehen kann das Problem nicht lösen. Remember: Südafrika hat literally ein Dutzend Amtssprachen.
Was also bleibt? Wenn jemand einer Website landet und nur seine eigene Sprache kann, auch kein Englisch, kommt man nicht drum herum, dem Nutzer den Link zur Website-Version in seiner Sprache dann in seiner Sprache anzuzeigen. Jede Übersetzung davon ist unnötig, weil sie ohnehin niemand liest, der drauf klickt. Wenn die Website auf Englisch gestellt ist (das dürfte abgesehen von der im Browser eingestelltn Sprache am häufigsten der Fall sein) und ich seh, dass ich die Website auch auf “Japanese” oder “German” anzeigen kann, schön und gut. Aber ich suche als Nicht-Englisch-sprechender Mensch doch einfach nur den “Deutsch”-Button. Und nein, man darf auch nicht voraussetzen, dass der User Englisch kann. Wenn man das voraussetzt, kann man sich den nicht unerheblichen Aufwand mit den Übersetzungen (es sind ja nicht nur die Texte, sondern auch die Implementierung der Einbindung der Sprachen in die Website oder das Programm) auch ganz sparen und einfach nur Englisch als Sprache anbieten.
Dem Problem mit den nicht vorhandenen Übersetzungen für weltweit alle Bezeichnungen von jeder Sprache in jede Sprache wird man immer wieder begegnen. Man wird dafür, wenn man eine einheitliche konsequente Lösung haben möchte, keinen anderen Weg finden, als Eigennamen in andere Sprachen zu übernehmen und dort genau so (wortgleich und sinngleich) zu verwenden. Und das ist auch okay! Man sagt zwar, Namen sind Schall und Rauch, aber zur für Menschen angenehmen und leicht merkbaren Identifizierung von Ländern, Sprachen, Städten, Flüssen, Menschen und allem, was sonst noch einen Namen haben kann, sind Namen doch recht nützlich. Und noch einfacher für alle Beteiligten ist es da, wenn man sich wirklich nur einen Namen merken muss und nicht mehrere, die die gleiche Bedeutung haben. Du wärst ehrlich gesagt ansonsten der erste Mensch, den ich kenne, der gern in Deutschland sagt, er kommt aus Köln, aber in einem englischsprachigen Land sagt, er komme aus “Cologne”. Aber wenn du in Frankreich ist, kommst du aus “Eau de Cologne”. Aber wenn man du Italien bist, sagst du, du kommst plötzlich aus “Colonia”, was aus dem Italienischen rückübersetzt übrigens dann auch “Kolonie” bedeutet.

Natürlich ist auch dieser Ansatz nicht ganz problembefreit. Wenn man in Italien sagt, man kommt aus Köln, dann kennt der Kölner da die Hälfte der Buchstaben nicht. Das ist ungefähr so wie wenn ein Türke sagt, er kommt aus İstanbul. Den ersten Buchstaben kennen wir hier auch nicht. Da braucht man dann natürlich gute Systeme, um einzelne Zeichen zu übersetzen. So wie das Chinesische durch das Pinyin romanisiert wird, behilft man sich in der deutschen Sprache, Umlaute ggf. anders darzustellen (z. B. “oe” statt “ö” oder “sz” statt “ß”). Dies macht man aber nur, um Leuten zu helfen, die diese Zeichen nicht lesen können, oder weil in irgendwelche legacy IT-Systemen sträflicherweise nicht UTF-8 als Encoding verwenden, während hingegen die Phonetik dabei grob erhalten bleiben soll. Dies sieht man insbesondere auch, wenn man Namen aus dem Arabischen übersetzt: Nur relativ wenig Mitteleuropäer können einen auf arabisch geschriebenen Namen lesen, wohingegen eine romanisierte Version jeder lesen kann. Aufs Arabische bezogen heißt das dann aber nicht Pinyin, sondern ist im Deutschen natürlich eine DIN-Norm (no joke).

Jetzt kann man ja argumentieren, dass man, wenn man schon bei Namen Übersetzungen vermeiden möchte, das doch einfach bei allen Wörtern tun kann und sich so auf eine einheitliche Sprache einigen könnte. Ja, kann man machen, ist aber nicht das Gleiche. Der Unterschied ist, dass man bei Eigennamen wirklich immer die selbe Sache meint, wohingegen bei “normalen” Wörtern einer Sprache das gleiche meint. (Siehe auch Der Unterschied zwischen das Selbe und das Gleiche) Deswegen ist es legitim, in einer anderen Sprache andere Wörter zu verwenden. Und darüber hinaus bin ich ja als weltoffener Mensch natürlich auch der Meinung, dass Sprachvielfalt Kulturvielfalt fördert und das ist wiederum im zwischenmenschlichen Austausch in Vielerlei Hinsicht ein Gewinn für alle. Bei der Benutzung verschiedener Sprachen, macht man sich zu erst Gedanken, was man überhaupt sagen will, und dann überlegt man sich – in Abhängigkeit von der Sprache, die man verwenden möchte – wie man das ausdrücken kann. (Siehe auch Der Unterschied von was und wie) Dafür bieten verschiedene Sprachen verschiedene Wörter und Satzkonstruktionen an. Das ist quasi die Implementierung (also das “wie”) bei der Frage, wie man das “was”, das man sich vorher überlegt hat, umsetzen kann. Dass man zwischen Sprachen Wörter oder teilweise ganze Sätze nahezu wörtlich übersetzen kann, liegt dann nur daran, dass sich die Sprachen mehr oder weniger stark ähneln. Aber hinsichtlich der Semantik der möglichen Grammatik-Konstruktionen oder auch einfach nur die Art und Weise, wie eine Grammatik aufgebaut ist (hinsichtlich Deklinationen, Konjugationen, Satzbestandteile etc.) gibt es dennoch teilweise sehr viele Unterschiede. Auch einzelne Wörter bedeuten je nach Kontext manchmal slightly was anderes.
Beispiel: “Bekannt” übersetzt man im Englischen gern mit “famous”. Ist laut Wörterbüchern auch nicht falsch. Aber im Englischen meint man mit “famous” zwar jemanden, der bekannt ist, aber eher jemanden, der bekannt ist, weil er berühmt ist. Die Semantik ist also eine leicht andere. (Es gibt beliebig viele weitere Beispiele dafür, etwa “Freund” <-> “Friend”/”Boyfriend” oder auch “embarrassed” <-> “verlegen”/”beschämt”.)
Aber egal wie unterschiedlich die Quell- und Ziel-Sprache bei einer Übersetzung sind: Wenn man Eigennamen referenziert, ist damit in jeder Sprache das selbe gemeint.